Alles an einem Ort zu vernünftigen Preisen
Vor 1933 war dieses Münchner Warenhaus eines der größten in der Stadt. Ein breit gefächertes und günstiges Angebot ließen das Kaufhaus in den 1920er Jahren auf eine Verkaufsfläche von 7.000 Quadratmetern anwachsen. 1931 war das Haus auf drei Stockwerke verteilt und verfügte über eine Rolltreppe, eine echte Attraktion. Etwa 1.000 Mitarbeiter waren zu dieser Zeit angestellt. Das Warenangebot reichte von Bekleidung und Schuhen, über Spielwaren und Schmuck, bis hin zu Küchenartikeln und Lebensmitteln. Der Einkauf „beim Uhlfelder“, dem „Haus aller Bedarfsartikel im Rosental“, wie es auf einem Werbezettel heißt, war weit über die Stadtgrenzen hinaus ein stehender Begriff.
Gegründet wurde das Kaufhaus 1878 von Heinrich Uhlfelder als Haushaltswaren- und Galanteriewarengeschäft im Rosental 9. Uhlfelder wurde 1853 in Roth südlich von Nürnberg geboren und ging in den 1870er Jahren nach München. Das Geschäft war erfolgreich, sodass er bald weitere Ladenflächen dazukaufen konnte. Das spätere Kaufhaus umfasste den gesamten Häuserblock zwischen Rosenstraße, Oberanger und Nieserstraße. Uhlfelder ließ Waren direkt für sein Kaufhaus produzieren und konnte so die Preise niedrig halten und damit auch für Kleinbürger und Arbeiter erschwinglich machen. Für sein soziales Engagement wurde ihm 1924 der Titel eines Kommerzienrats verliehen. Uhlfelders Angestellte genossen nicht nur sehr gute soziale Leistungen, er hatte, wie auch Hermann Tietz, verkaufs- und arbeitsfreie Sonntage eingeführt.
1883 hatte Uhlfelder Mathilde Liebermann geheiratet, das Paar bekam drei Kinder. Mit zunehmendem Alter führte er Sohn Max und Tochter Margarete ins Geschäft ein. Heinrich Uhlfelder starb 1928, seine Frau Mathilde starb 1935. Max Uhlfelder übernahm die Leitung des Kaufhauses.
Warenhäuser wurden von den Nationalsozialisten bereits vor 1933 bekämpft. Entsprechend betraf die „Machtübernahme“ im Januar 1933 das Kaufhaus Uhlfelder unmittelbar. Max Uhlfelder wurde im März 1933 von Zivilisten unter Führung eines nationalsozialistischen Studenten entführt und „unter gröbsten Beschimpfungen und Bedrohungen in der Stadt herumgefahren“. Im Anschluss nahm ihn die Polizei in „Schutzhaft“. Das Kaufhaus selbst war immer wieder Angriffen und Boykottmaßnahmen ausgesetzt, die Fensterscheiben wurden wiederholt eingeschlagen, Wachpersonal musste postiert werden. In der Pogromnacht vom 9. November 1938 wurde das Haus demoliert, geplündert und in Brand gesetzt. Die Waren wurden zerstört oder gestohlen, die Einrichtung und sogar die eindrucksvolle Rolltreppe mit Brechstangen zerschlagen. Max Uhlfelder wurde gemeinsam mit seinem Sohn Heinz im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. Seine Frau konnte Visa für Indien organisieren, so dass die beiden im Januar 1939 entlassen wurden und die Familie über die Schweiz nach Indien floh. Das Vermögen der Familie wurde beschlagnahmt, das Kaufhaus liquidiert, Warenlager und private Grundstücke arisiert. Nach Ausbruch des Krieges wurden Max und Harry Uhlfelder erneut festgenommen und in einem britischen Internierungslager inhaftiert, diesmal als feindliche Deutsche. Margarete Uhlfelder, verheiratete Meyer, konnte Deutschland nicht verlassen und wurde mit ihrem Mann und Sohn 1941 nach Kaunas deportiert und dort ermordet.
Max Uhlfelder siedelte 1947 mit seiner Familie aus Indien in die USA über und arbeitete dort als Vertreter für Sanitärartikel.
Bis 1938 war Max Uhlfelder ein wohlhabender Mann, dem neben dem Geschäft verschiedene Immobilien in München gehörten. In Indien und den USA musste die Familie in sehr bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen leben. 1948 stellte Max Uhlfelder mehrere Anträge auf Entschädigung und Rückerstattung. 1953 kehrte er auch nach München zurück. In den über 100 teilweise sehr komplizierten Wiedergutmachungsverfahren war er zwar überwiegend erfolgreich, erhielt aber nur einen Bruchteil seines einstigen Vermögens zurück. Harry Uhlfelder führte die Verfahren nach dem Tod des Vaters im Jahr 1958 fort und erhielt 1971 eine weitere Entschädigungssumme.
Max Uhlfelder hatte 1954 die ehemaligen Grundstücke des Kaufhauses an die Stadt München verkauft. Auf dem Gelände entstand der Erweiterungsbau des Münchner Stadtmuseums. Im Rosental 16 erinnert heute eine kleine Gedenktafel an das Kaufhaus Uhlfelder.
Quellen:
Angelika Baumann/Andreas Heusler, München arisiert. Entrechtung und Enteignung der Juden in der NS-Zeit, München 2004.
Helga Pfoertner, Mit der Geschichte leben, Bd. 3, München 2005.
Ort mit Geschichte – Das Kaufhaus Uhlfelder, https://www.muenchner-stadtmuseum.de/muenchner-stadtmuseum/geschichte/das-kaufhaus-uhlfelder