Julius Wallach wurde 1874 als drittes von zehn Kindern von Heinemann Wallach und seiner Frau Julie, geb. Zunsheim, in Geseke (Westfalen) geboren. Der Vater war Getreidehändler, eine Arbeit die viel Sorgen mit sich brachte, wie Julius später in seiner Familienchronik schrieb, die Heinemann mit Singen und Klavierspielen ausglich. Die Eltern hätten eine sehr glückliche Ehe geführt, so Julius in seiner Familienchronik.
Die Familie zog bald nach Bielefeld, wo Julius – nach einiger Zeit Privatunterricht – die katholische Rektoratsschule, dann das Realgymnasium besuchte. Im Anschluss beugte er sich dem Druck des Vaters und absolvierte eine Kaufmannslehre, obwohl er lieber Bäcker oder Bauer geworden wäre. Er war dann zunächst in einer Textilhandlung tätig, suchte aber bald nach „echtem alten Volksthum“ und kam so nach Bayern, wo er 1896 zunächst in Regensburg eine Stelle antrat. Im Jahr danach ging er nach München, wo er als Verkäufer für Möbelstoffe und Innenausstattung arbeitete. Von Volkstum und Natur begeistert wurde er Alpenvereinsmitglied und Mitglied der Trachtengruppe „Die lustigen Wendelstoaner“. Auch Bruder Moritz verschlug es 1899 nach einer Kaufmannsausbildung und Anstellung als Dekorateur in Remscheid und Bochum nach München, wo er zunächst in einem Hutmodehaus arbeitete.
Vater Heinemann Wallach starb 1899 mit 57 Jahren an einem Herzinfarkt, die Mutter musste dann alleine die noch im Haus verbliebenen minderjährigen Kinder versorgen. Julius‘ Bruder Karl konnte später eine Villa in Bielefeld erwerben, wo „Julchen“, wie sie liebevoll genannt wurde, lebte bis sie im Frühjahr 1938 verstarb. Julius erinnerte sich an die Stunden mit der Mutter: „Wie gern machten wir älteren Söhne uns die Freude, uns der prachtvollen Mutter anzunehmen. Fast jedes Jahr kam sie nach München, sie sah das bayerische Oberland, den Königssee, den Achensee und bestieg sogar mit uns den Herzogstand.“
1905 stieg Moritz dann in das Trachtengeschäft seines Bruders ein, der Beginn einer fruchtbaren Zusammenarbeit. Julius pflegte die Kontakte zu den Handwerkern, Hausierhandel und besuchte Märkte und Veranstaltungen, die ihm neue Inspirationen brachten. Er reiste quer durch Bayern, aber auch nach Breslau, Berlin und Leipzig. Neben Trachten bot das große Geschäft in der Innenstadt auch Volkskunstgegenstände an, die Julius bei seinen Reisen erworben hatte.
Die Brüder Wallach konnten Trachten zur Mode stilisieren. Vor allem das Dirndl, das auch heute noch als die bayerische Tracht schlechthin verstanden wird, konnten sie etablieren. Dirndl waren zwar bereits modern, aber durch Wallach wurde es salonfähig, wie beispielsweise mit einem Festdirndl für die Gattin des Prinzen Joachim von Preußen. Der internationale Erfolg kam mit einer Ausstellung für Kunst und Handwerk 1908 auf der Theresienwiese. Die Ausstellung habe „Ruhm im In- und Ausland“ gebracht, so Julius Wallach. „Erstmals fuhr ich nach Paris und verkaufte an führende Häuser wie Poiret und Lanvin unsere handgewebten Seidenstoffe. Käufer aus London und New York kamen. Prinz Ludwig Ferdinand und später der König von Bayern gaben uns ihre Hoftitel.“
1910 zog das Geschäft in die Residenzstraße um, „und schon nach wenigen Wochen war der sogenannte Bunte Laden in München populär“. Die Brüder Wallach wussten das Publikum mit zahlreichen Veranstaltungen, wie etwa Trachtenschauen anzulocken. Als gute Entscheidung erwies sich auch, die Fußgruppen und Festwagen des historischen Landestrachtenzuges beim Jubiläumsoktoberfest von 1910 kostenlos auszustatten. Wallach wurde dadurch „Königlicher Hoflieferant“, die Wallach-Trachten umso gefragter. Wallach stellte daneben auch Kostüme für Bühneninszenierungen her. Julius Wallach hatte ganz Europa bereist und konnte so für ganz unterschiedliche Produktionen und Hintergründe liefern. Vom Haus in der Residenzstraße „sahen [wir] genau gegenüber die Hofbühne, wo die ‚Carmen‘, ‚Tiefland‘ und ‚Jedermann‘ durch uns ausgestattet waren“. Neben Stoffen und Brokaten erweiterte Wallach das Sortiment und bot zunehmend auch „bäuerliches Kunsthandwerk“ an.
Der Erste Weltkrieg brachte den Export fast gänzlich zum Erliegen. Julius Wallach diente ab 1916 an der Front, während Moritz Wallach die Geschäfte weiterführte. In dieser Zeit kam es zu einer vermehrten Umstellung auf Kunsthandwerk. Moritz Wallach war auch Mitbegründer des Wirtschaftsverbandes der bayerischen Kunstgewerbler. Trotz der unruhigen Jahre wagte Wallach einen großen Schritt und eröffnete 1922 ein großes Volkskunsthaus in der Ludwigstraße, das 42 Räume mit Volkskunst aus ganz Europa beherbergte. Julius Wallach bezeichnete dieses Verkaufsmuseum als einmalig für Europa, von allen kostbaren Originalen konnten Kopien erworben werden. Das Unternehmen hielt nur sechs Jahre. „Die braune Zeit nagte am Münchener Kunstleben und an unserem Schaffen“, resümierte Julius Wallach. Aber es waren auch die Weltwirtschaftskrise und der veränderte Zeitgeist, der das Volkskunsthaus zu Fall brachte. Die Sammlung wurde versteigert und das Palais verkauft.
Julius Wallach zog sich nach Hagnau am Bodensee zurück und betrieb am Konstanzer Obermarkt ein kleines Volkskunstgeschäft. Seine erste Ehe mit Emma Koschland, aus der drei Kinder, Hilde, Helmut und Traudi, hervorgingen, war nach dem Ersten Weltkrieg in die Brüche gegangen. 1932 heiratete Julius Wallach seine Jugendliebe Johanna Einstein und das Paar kehrte nach München zurück, wo Julius einen Laden mit Volkskunst am Stachus eröffnete. Moritz Wallach führte das Stammhaus in der Residenzstraße weiter. Ein weiterer Bruder, Max Wallach, leitete die Wallach Werkstätten AG, die aus einer Spinnerei, Weberei und Druckerei bestand und in Dachau angesiedelt war.
Das Jahr 1933 brachte zunächst keine Einbußen für Wallach, im Gegenteil, Trachten waren gefragt. Doch die „Arisierung“ blieb unausweichlich, auch wenn Moritz Wallach die Unterschrift verweigerte. Am Ende musste er verkaufen und konnte mit seiner Frau Meta in die USA emigrieren, wo er später ein neues Geschäft aufbaute. Max Wallach wurde kurz nach der Pogromnacht mit seiner Frau Melitta und ihrem 14-jährigen Sohn Franz aus Dachau vertrieben. Franz kam mit einem der letzten Kindertransporte im August 1939 nach England. Max und Melitta wurden nach Theresienstadt und von dort nach Auschwitz deportiert, wo sie ermordet wurden.
Julius Wallach und seine Frau Johanna erhielten ein Visum für Siam, dem heutigen Thailand. Über Umwege gelangten sie nach Ibiza, wo Sohn Helmut einen Bauernhof gepachtet hatte. Von dort wurden sie nach zwei Monaten ausgewiesen. „In einem armseligen Kahn fuhren wir leichtbekleidet ohne Gepäck über Nacht nach Mallorca. Ausweisung oder Gefängnis war die Wahl.“ Schließlich erhielt das Ehepaar ein Visum für Rom, wo sie vier Jahre bleiben konnten. Finanziell unterstützt von Familie und Freunden, schlugen sie sich als Erzieherin und Privatlehrer durch. Am 26. August 1943 konnte das Paar nach Barcelona ausreisen und damit knapp der Bombardierung der Stadt entkommen. Von Lissabon aus gelangten sie mit 400 Emigranten nach Kanada. Julius Wallach arbeitete im Sommer als Gärtner, im Winter als Dreher in einer Metallwarenfabrik. Nach Kriegsende zogen sie nach Pennsylvania (USA), wo Julius weiter als Gärtner und Deutschlehrer arbeitete. Nach der Einbürgerung war es ihnen möglich, die alte Heimat zu besuchen. Johanna litt an Diabetes und ihre Gesundheit war nach dieser Reise schwer angeschlagen. Sie verstarb 1954.
Julius Wallach kehrte nach Europa zurück und erhielt Entschädigung. Die Summe ermöglichte es ihm, seinem Sohn eine Farm in Brasilien zu kaufen und den Ruhestand mit vielen Reisen quer durch Europa zu genießen. Alpenverein, Kunstgewerbeverein und Männerturnverein sei er „aus begreiflichen Gründen“ nicht wieder beigetreten. „Die lustigen Wendelstoaner“ hatten ihn aber zum Ehrenmitglied ernannt, was er annahm. Die letzten Lebensjahre verbrachte er in Neubeuern im heutigen Landkreis Rosenheim, wo er seit 60 Jahren oft zu Besuch war, in einer kleinen Wohnung mit Blick „über Almen, Wälder, das ganze Dorf mit dem Schloss bis zum Hochgebirge“. Julius Wallach starb 1965.
Bruder Moritz war ein Jahr zuvor verstorben. Das Geschäft hatte die Familie 1949 zurückerhalten. Es wurde von Geschäftsführer Max Sedelmayer geführt. Nach dem Tod der Brüder verkauften die Erben das Geschäft an Loden-Frey, Wallach bestand bis 2004 unter diesem Namen. Das Jüdische Museum München widmete der „Volkskunst der Brüder Wallach“ 2007 eine Sonderausstellung, die die Geschichte der jüdischen Familie, die das Dirndl in Mode brachte, aus der Vergessenheit hob.
Quellen:
Julius Wallach: Chronik der Familie Wallach, 1964.
Monika Ständecke, Dirndl, Truhen, Edelweiss – Die Volkskunst der Brüder Wallach, München 2007.
Max Wallach, https://www.erinnerungszeichen.de/biografien/biografie/11950.0–Max-Wallach.html