Paul Ben-Haim – der Komponist

Zwischen „östlicher Melodie und westlicher Kompositionstechnik“

Paul Ben-Haim wurde am 5. Juli 1897 als Paul Frankenburger in München geboren. Die Eltern, Rechtsanwalt Heinrich Frankenburger und Mutter Anna, selbst begabte Pianistin, ließen alle vier Geschwister musizieren. Paul erhielt besondere Förderung, da sich seine musikalische Begabung schon früh zeigte. Nachdem er zuerst Geige lernte, wechselte er mit elf Jahren zum Klavier und komponierte bald erste Stücke selbst.

Nach dem Abitur am Wilhelmsgymnasium München studierte Paul ab 1915 an der Akademie der Tonkunst in München Klavier und Komposition. Die Komposition einer ersten Symphonie wurde durch seine Einberufung zum Kriegsdienst unterbrochen. Sein älterer Bruder Ernst fiel in Verdun. Paul Frankenburger konnte 1918 an die Münchner Akademie zurückkehren und sein Studium bei Friedrich Klose und Walter Courvoisier fortsetzen. Im selben Jahr verstarb die Mutter im Alter von nur 51 Jahren, für Paul ein schwerer Verlust.
Nach dem Studienabschluss wurde Frankenburger unter Bruno Walter stellvertretender Leiter des Chores und Korrepetitor des Bayerischen Staatstheaters. 1924 übernahm er die Stelle des dritten, später ersten Kapellmeisters und Chorleiters am Augsburger Stadttheater. In Augsburg lernte er auch die Tänzerin Helene Hely Acham kennen.

Frankenburger komponierte Lieder und Chorwerke, Orchester- und Kammermusik mit zunehmendem Erfolg und Anerkennung. Ende der 1920er-Jahre wandte er sich unter dem Einfluss von Heinrich Schalit zunehmend jüdischen Motiven zu. In einem Brief an Hans Lamm schrieb Frankenburger im Rückblick: „Ohne ihn und dem, was er mir gelehrt hat, wäre ich in völliger Unkenntnis der jüdischen Tradition.“ Im Juli 1931 wurde Frankenburgers „Psalm 126“ für Männerchor auf dem Deutschen Sängerfest in Nürnberg uraufgeführt.

Noch im selben Jahr wurde er entlassen. Inwieweit das dem Aufstieg des Nationalsozialismus oder der finanziellen Lage des Augsburger Stadttheaters geschuldet war, ist nicht ganz klar. Frankenburger kam in eine prekäre wirtschaftliche Situation und schlug sich, zurück in München, mit Auftritten als Pianist durch. In dieser Zeit komponierte er viel, unter anderem auch das Oratorium „Joram“, das er als sein Opus magnum betrachtete.

Nach der „Machtübernahme“ wurden Frankenburgers Werke zwar weiter aufgeführt, doch Proteste dagegen wurden lauter. Er reiste im Mai 1933 nach Palästina, um die Lage zu sondieren und die Gegebenheiten vor Ort kennenzulernen. Um trotz der Einschränkung seines Touristenvisums auftreten zu können, tat er das unter dem Namen Paul Ben-Haim, den er später ganz annehmen sollte. Nach zwei Monaten kehrte er nach München zurück und bereitete seine Emigration vor. Anfang November 1933 kam Paul Ben-Haim in Tel Aviv an. Neun Monate später folgte ihm Hely, die in der Zwischenzeit konvertiert war und die beiden heirateten im August 1934 in Tel Aviv. Ein Jahr später wurde Sohn Joram geboren.

Paul Ben-Haim beim Unterricht mit Musikstudenten (Foto: National Library of Israel MUS 055 / M76 – Wikimedia)

Die ersten Jahre in Palästina bezeichnete Paul Ben-Haim später als „Regeneration der Seele nach einer Krise“. Doch es war auch eine nicht unkomplizierte Zeit der Neuorientierung. Ben-Haim unterrichtete viel, um den Lebensunterhalt zu verdienen. In den ersten drei Jahren in Palästina komponierte er nicht, musste er doch zuerst zu einer neuen musikalischen Sprache finden, da seine Musik als deutsch wahrgenommen wurde. Er schrieb später über sich selbst: „Es gelang ihm, eine angenehme Mischung aus östlicher Melodie und westlicher Kompositionstechnik zu finden.“
Paul Ben-Haim wurde einer der erfolgreichsten Komponisten im vorstaatlichen Palästina und später in Israel und war auch im Ausland durch zahlreiche Kompositionsaufträge sehr bekannt. Er komponierte als Erster eine Symphonie in Palästina, die 1941 uraufgeführt wurde. 1957 erhielt er den Israel-Preis, die höchste Auszeichnung des Staates Israel. International war die Aufführung seines „Sweet Psalmist of Israel“ unter Leonard Bernstein in New York im Jahre 1959 ein Höhepunkt seines Schaffens.

Plakat einer Konzertankündigung (Foto: Public Domain – Wikimedia)

Nach Deutschland kam Paul Ben-Haim nur vereinzelt. 1968 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen. Anlässlich seines 75. Geburtstags wurde in München 1972 ein großes Festkonzert veranstaltet. Während des Aufenthaltes in seiner Geburtsstadt wurde Ben-Haim von einem Auto angefahren, was ihn für den Rest des Lebens an einen Rollstuhl fesselte und auch im Arbeiten stark einschränkte. Paul Ben-Haim starb am 14. Januar 1984 in Tel Aviv.

Quellen:

Franzpeter Messmer (Hrsg.), Paul Ben-Haim (Komponistinnen und Komponisten in Bayern – Band 68), München 2023.

Tina Frühauf, Paul Ben-Haim, in: Claudia Maurer Zenck/Peter Petersen (Hg.), Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Hamburg 2007.