Max Freudenthal – Rabbiner und Historiker

Ein Bayer mit Intelligenz, treffsicherem Urteil und umfassendem Wissen

Max wurde als Sohn des jüdischen Volksschullehrers Benjamin Freudenthal und seiner Frau Johanna am 12. Juni 1868 im bayerischen Neuhaus/Saale geboren. Nach dem Abitur studierte er ab 1886 an der Universität Breslau Philosophie und Geschichte. Zudem ließ er sich am Jüdisch-Theologischen Seminar als Rabbiner ausbilden und promovierte 1890 an der Universität Greifswald über die „Erkenntnislehre Philos von Alexandria“. Drei Jahre später nahm Freudenthal das Amt des Gemeinderabbiners in Dessau an und wurde gleichzeitig zum Landesrabbiner von Anhalt ernannt. Im Jahr 1900 wechselte er nach Danzig, obwohl Dessau den geliebten Rabbiner nur schweren Herzens ziehen ließ: „Wir können nicht umhin, Ihnen zu sagen, dass wir Ihrem Gesuch nur mit lebhaftem Bedauern entsprochen haben in vollster Anerkennung des Umstandes, dass Sie sich während Ihrer mehr als siebenjährigen Amtstätigkeit in reichstem Maße das Vertrauen und die Liebe der ganzen Gemeinde zu erwerben verstanden haben“, bescheinigte ihm der Gemeindevorstand. Ab 1902 gab Freudenthal jährlich sogenannte Berichte über die Religionsschulen heraus, die Predigten und Aufsätze aus seiner Feder enthielten.

In Danzig wirkte der Rabbiner sieben Jahre, bis ihn im Mai 1907 eine Abordnung der jüdischen Gemeinde Nürnbergs besuchte und ihm ein Angebot unterbreitete. Nach einer Gastpredigt in der Nürnberger Synagoge übernahm Freudenthal sein neues Amt am 1. September 1907, das er 27 Jahre bis 1934 ausübte. Er wurde zum bedeutendsten Rabbiner der Stadt sowie ein wichtiger Vertreter des liberalen deutschen Judentums.

Max Freudenthal (1920)
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Nicht nur seine seelsorgerische Tätigkeit verschaffte ihm Respekt und Anerkennung, auch seine wissenschaftliche Arbeit trug dazu bei. Freudenthal war Herausgeber der „Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums“, Mitarbeiter der „Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland“, des „Liberalen Judentums“ und hat dort bemerkenswerte Beiträge veröffentlicht. Auch seine Publikationen, wie etwa das „Religionsbuch für den israelitischen Religionsunterricht an den Oberklassen der Gymnasien und Töchterschulen“ (1912), das „Kriegsgedenkbuch der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg“ (1920), die „Geschichte der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg“ (1925) oder „Zum zweihundertjährigen Geburtstag Moses Mendelssohns“ (1929) zeichneten ihn als versierten Forscher und theologischen Gelehrten aus. Max Freudenthal bekleidete auch das Amt des Vorsitzenden der bayerischen Rabbinerkonferenz und war Präsidiumsmitglied des Verbandes bayerischer israelitischer Gemeinden.

Titelblatt seiner Publikation zur Geschichte der Gemeinde. (Repro: nurinst-archiv)

Freudenthal verstand sich zudem als deutscher Patriot jüdischen Glaubens. Bei Beginn des 1. Weltkrieges war die Nürnberger Synagoge „überflutet von feldmarschbereiten Soldaten aller Waffengattungen und ihren Angehörigen, die allesamt tief ergriffen“ des Rabbiners „Weihe- und Segensworten lauschten.“ Dennoch war Freudenthal, wie auch die jüdische Gemeinde, nicht erst seit der Erstarkung der nationalsozialistischen Bewegung in den 1920er-Jahren antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt, denen er stets mutig entgegentrat.
1932 feierte der Rabbiner sein 25-jähriges Dienstjubiläum, zwei Jahre später musste er wegen „schwerer körperlicher Leiden“ sein Amt aufgeben. Freudenthal zog nach München, wo er am 11. Juli 1937 verstarb.

Jüdische Gemeindezeitung vom 1. August 1937 mit Nachruf auf Freudenthal. (Repro: nurinst-archiv)

„Mit tiefem Schmerz beklagte die Gemeinde das Hinscheiden ihres langjährigen geistlichen Führers“, schrieb das „Jüdische Gemeindeblatt für die israelitischen Gemeinden in Nürnberg und Fürth“ am 1. August 1937 und würdigte ihren Rabbiner als „eine Persönlichkeit von leuchtender Intelligenz, treffsicherem Urteil und umfassendem Wissen“. Anlässlich seines 80. Geburtstags erinnerte die deutsch-jüdische Emigrantenzeitung AUFBAU an Rabbiner Freudenthal mit einer kleinen Notiz. Darin gab Sohn Walter bekannt, dass er die gesamten Manuskripte seines Vaters „von 1891 bis 1933 in Breslau, Dessau, Danzig und Nürnberg gehaltenen Reden und Predigten dem Hebrew Union College in Cincinnati übergeben“ hat.

Quellen:

Eintrag Max Freudenthal, in: Friedrich Wilhelm Bautz/Traugott Bautz (Hg.), Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. 19, Nordhausen 2001.

Eintrag Max Freudenthal, in: Julius H. Schoeps (Hg.), Neues Lexikon des Judentums, Gütersloh 2000.

Arnd Müller, Geschichte der Juden in Nürnberg 1146–1945, Nürnberg 1968.

Max Freudenthal, Die Israelitische Kultusgemeinde Nürnberg 1974–1924, Nürnberg 1925.

Zum Gedächtnis für Rabbiner Dr. Max Freudenthal, in: Jüdisches Gemeindeblatt für die israelitischen Gemeinden in Nürnberg und Fürth, 1. August 1937.

Personalia, Zur Erinnerung an Rabbiner Dr. Max Freudenthal, in: AUFBAU, 11. Juni 1948.