Die Scheunensynagoge von Bechhofen

Bechhofen, eine kleine Marktgemeinde im westlichen Franken, blickt auf eine lange jüdische Geschichte zurück. Schon Ende des 13. Jahrhunderts sollen sich Juden in Bechhofen angesiedelt und eine jüdische Begräbnisstätte angelegt haben. Der älteste heute noch identifizierte Grabstein stammt jedoch aus dem beginnenden 17. Jahrhundert. Die Synagoge wurde 1685 erbaut. Während die Anzahl der Juden in Bechhofen zwischen 1800 und 1900 deutlich anwuchs und etwa ein Viertel der Bevölkerung ausmachte, bestand die jüdische Gemeinschaft in den 1920er Jahren nur noch aus rund 30 Personen. Daher klagte der in die fränkische Provinz verschlagene jüdische Lehrer Max Jankelowitz 1926 auch in der Zeitschrift „Das Bayerland“: „Wer einmal, sei es durch Zufall oder Missgeschick, nach Bechhofen verschlagen wird, freut sich, es wieder verlassen zu können“, schrieb er, da der Ort, nach seiner Ansicht dem „sehensdurstigen Auge gar wenig landschaftliche Schönheit“ biete. Wobei Jankelowitz den Leser und potenziellen Besucher anschließend doch etwas neugierig machte: „Wenn er aber die kleinen, von der Hauptstraße abzweigenden Gässlein durchwandert, dann wird er wohl schließlich zu einem kleinen Platz gelangen, dessen eine Seite begrenzt ist von einem hochragenden schwarzen Holzbau, dessen Äußeres sein hohes Alter verrät.“

Nordwand der Synagoge (Repro: Archiv Markt Bechhofen)

In diesem „auffallenden, doch ärmlich ausschauenden Bau“ befand sich die weltberühmte Scheunensynagoge von Bechhofen. „Bekanntlich zählt die Scheunensynagoge in Bechhofen als eine der wenigen aus dem 17. Jahrhundert zu den wertvollsten jüdischen Denkmälern in Bayern“, schrieb deshalb auch die „Bayerische Israelitische Gemeindezeitung“ im April 1936 und unterstrich die große Bedeutung des jüdischen Gotteshauses. Das auf den ersten Blick nicht als Synagoge erkennbare Gebäude gehörte zu einer Gruppe von jüdischen Beträumen in Süddeutschland, die der galizische Wandermaler Elieser Sussmann zu Beginn des 18. Jahrhunderts mit farbenfrohen Blumen und Tiermotiven sowie mit hebräischen Texten ausgemalt hatte. Bei diesem Werk handelte es sich um sein „wahrscheinlich flächenmäßig umfänglichstes Werk in Franken“. Über dem holzvertäfelten Betsaal erhob sich ein Tonnengewölbe, reich verziert mit floralen Mustern, von sieben Metern Höhe auf einer Grundfläche von rund acht auf neun Meter. An den Hauptraum schloss sich die sogenannte Frauenschul an – ein Andachtsraum für die weiblichen Gemeindemitglieder, durch ein rautenförmiges Gitter abgetrennt. Darüber befanden sich Wohn- und Schulräume.

Blick auf die Ostwand mit Thoraschrein; rechts am Bildrand die Bima (Repro: Archiv Markt Bechhofen)

Im November 1936 wurden die Synagoge und mehrere jüdische Wohnhäuser mit roter Farbe beschmiert; wahrscheinlich von Mitgliedern der bereits 1932 gegründeten NSDAP Ortsgruppe verübt. Der Druck auf die jüdischen Einwohner nahm weiter zu, sodass immer mehr Menschen Bechhofen verließen. Im August 1938 wurde die Gemeinde aufgelöst, die Synagoge in die Obhut der bayerischen Denkmalschutzbehörden übergeben. Die jüdischen Häuser und Geschäfte „arisiert“. Obwohl nun keine Juden mehr in Bechhofen lebten, steckten die Nationalsozialisten in der Pogromnacht von 1938 das unter Denkmalschutz stehende Gotteshaus in Brand – ein einzigartiges Zeugnis des fränkischen Landjudentums wurde für immer vernichtet.

Heute erinnert nur noch der historische Friedhof an die jahrhundertlange jüdische Geschichte in Bechhofen. Rund 2300 Grabsteine sind noch erhalten – steinerne Zeugen einer einst blühenden jüdischen Gemeinschaft. Die Begräbnisstätte gehört zu den größten jüdischen Friedhöfen in Bayern. Zeitweise bestatteten bis zu 15 jüdische Gemeinden aus der Region dort ihre Toten.

Jerry G. Bechhofer (1922–2009) in seiner Wohnung in New York im Sommer 2007 (Foto: Jim Tobias)

Zehn jüdische Bewohner aus Bechhofen konnten in die USA emigrieren. Darunter Jerry (Gerhard), Gunther und Senta Bechhofer. Jerry feierte 1935 in der Scheunensynagoge sogar seine Bar Mizwa. In dem TV-Feature „Bechhofen, Bethaus und Big Apple“ erinnern sich die Zeitzeugen an ihre Kindheit in Deutschland und ihre Synagoge. Trotz der Vertreibung fühlten sie sich auch noch nach Jahrzehnten eng mit ihrer fränkischen Heimat verbunden.

Visualisierung der Scheunensynagoge Bechhofen

Quellen:

Willy Goldberg, Geschichtliches aus der jüdischen Gemeinde Bechhofen nach unveröffentlichten Akten, in: Bayerische Israelitische Gemeindezeitung, 1. April 1936.

Max Jankelowitz, Die berühmte Synagoge und der Judenfriedhof in Bechhofen (Mittelfranken), in: Das Bayerland 37 (1926).

Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918–1945. Geschichte und Zerstörung, München 1979.