Emmy Noether – „Ein kreatives mathematisches Genie“

Amalie, so ihr Geburtsname, wurde am 23. März 1882 als Tochter der Eheleute Max und Ida Noether in Erlangen geboren. Sie bekam die Mathematik quasi in die Wiege gelegt: denn ihr Vater Max Noether war ein bekannter Mathematiker, hielt eine Professur in Erlangen und wurde später Vorsitzender der Deutschen Mathematiker-Vereinigung.

Emmy, wie Amalie von allen genannt wurde, besuchte zunächst die Städtische Höhere Töchterschule. Eine Schule, die ihr das Abitur ermöglicht hätte, war ihr als Mädchen nicht erlaubt. Sie entschloss sich zu einer Ausbildung als Lehrerin und legte die Staatsprüfung zur Lehrerin der englischen und französischen Sprache an Mädchenschulen in Ansbach ab.

Als Lehrerin waren die Chancen, als Gasthörerin an einer Universität zugelassen zu werden, größer. Ob das Emmy Noethers eigentlicher Beweggrund war, ist nicht bekannt. In jedem Fall wusste sie jedoch von dieser Möglichkeit. Auch ihr Vater Max Noether war fortschrittlich eingestellt und hatte bereits 1896 die ersten drei Frauen in Erlangen als Gasthörerinnen zugelassen.

Offiziell konnten Frauen in Bayern ab 1903 studieren. Die Voraussetzung war jedoch das Abitur, das Frauen wiederum nicht an Schulen ablegen konnten. Emmy Noether bereitete sich daher privat und gemeinsam mit ihrem Bruder vor und legte schließlich im Juli 1903 als Externe die Abiturprüfung am Königlichen Realgymnasium in Nürnberg ab.

Emmy Noether, um 1900 (Foto: public-domain).

Nach einem Semester in Göttingen schrieb sich Emmy Noether in Erlangen für das Studium der Mathematik ein, das sie 1907 mit einer Promotion über Invariantentheorie abschloss. In Anschluss blieb sie zunächst in Erlangen, unterstützte ihren Vater sowie ihren Doktorvater Paul Gordan und betreute auch Doktoranden. Alles jedoch ohne Bezahlung, eine Anstellung war als Frau noch immer undenkbar. 1915 ging sie nach Göttingen, das in dieser Zeit als Zentrum der Mathematik galt und wollte sich habilitieren. Das Gesuch wurde abgelehnt. Erst nach dem Ersten Weltkrieg und den Veränderungen, die die Weimarer Republik brachte, wurden Frauen zur Habilitation zugelassen und Emmy Noether konnte sich 1919 als erste Frau in Deutschland in Mathematik habilitieren.

Die Habilitation hatte Emmy Noether den Status einer Privatdozentin gegeben, 1922 erhielt sie schließlich eine außerordentliche Professur. Den ersten bezahlten Lehrauftrag bekam sie jedoch erst 1923. Auch wenn sie keine verbeamtete Professorin war, wurde Emmy Noether im April 1933 beurlaubt. Im September verlor sie die Lehrbefugnis endgültig. Emmy Noether ging in die USA und nahm dort eine Gastprofessur am Women’s College Bryn Mawr in Pennsylvania an.
Emmy Noether starb im Alter von nur 53 Jahren am 14. April 1935 an den Folgen einer Operation. Sie blieb zeitlebens unverheiratet.

Dr. Noether gilt als Begründerin der abstrakten Algebra und schuf neue Grundlagen der theoretischen Physik. Nach ihr wurden mehrere mathematische Strukturen und Sätze benannt. „Ihr Denken weicht in der Tat in einigen Hinsichten von dem der meisten anderen Mathematiker ab. Wir stützen uns doch alle so gern auf Figuren und Formeln. Für sie waren diese Hilfsmittel wertlos, eher störend“, schrieb ihr Schüler Bartel Leendert van der Waerden in einem Nachruf auf seine Lehrerin. Sie habe eine große Leidenschaft für Mathematik gehabt, allerdings keine didaktische Begabung. „Ihre absolute, sich jedem Vergleich entziehende Einzigartigkeit“ erschöpfe sich keineswegs darin, dass es sich um eine Frau handelte, „die zugleich eine hochbegabte Mathematikerin war“, konstatierte der niederländische Mathematiker van der Waerden. Albert Einstein würdigte Emmy Noether in einem Leserbrief an die New York Times als das „kreativste mathematische Genie, das seit Beginn der höheren Bildung von Frauen hervorgebracht wurde“. Als Frau und Jüdin musste sie jedoch zeitlebens für ihre Ausbildung und Anstellung kämpfen.

Quellen:

Lars Jäger, Emmy Noether. Ihr steiniger Weg an die Weltspitze der Mathematik, Konstanz 2022.

Bartel L. van der Waerden, Nachruf auf Emmy Noether, in: Mathematische Annalen. Band 111, 1935.

Albert Einstein, Letters to the Editor, in: New York Times, 4. Mai 1935.