Felix Theilhaber – Arzt, Soziologe und Sexualreformer

Felix Aron Theilhaber wurde am 5. September 1884 in Bamberg geboren. Die Familie zog 1888 nach München, wo Vater Adolph Theilhaber eine private Frauenklinik führte. Nach seinem Vorbild studierte Felix Medizin in München und Berlin. Adolph Theilhaber war ein sehr angesehener Gynäkologe und wurde später zum Hofrat ernannt.

Felix war schon früh begeisterter Zionist. Bereits nach seinem ersten Universitätssemester heuerte er auf einem Schiff nach Palästina an, um dort als Landarbeiter von Siedlung zu Siedlung zu wandern. Der Vater hatte dafür wenig Verständnis und rief Felix zurück. Während des weiteren Studiums gründete Felix Theilhaber als begeisterter Sportler in München den Makkabi Sportverein und engagierte sich in zionistischen Studentenorganisationen.

Felix A. Theilhaber bei einer Sportveranstaltung im Makkabi Trikot. (Foto: Adin Talbar)

Er gehörte zu den Herausgebern der Zeitschrift Palästina und schrieb für die Jüdische Rundschau und Das Jüdische Echo, dem Zentralorgan der Bayerischen Zionisten und setzte sich als engagierter Vertreter des „Praktischen Zionismus“ für die ökonomische Entwicklung des Landes ein.
1911 schloss er sein Medizinstudium mit der Promotion ab. Seine Doktorarbeit behandelte den „Zusammenhang der sozialen Stellung und der Rasse mit der Entstehung der Uteruscarcinome“. Theilhaber war dabei beeinflusst vom durch Gebärmutterkrebs verursachten Tod seiner Mutter und den Studien seines Vaters. Noch im selben Jahr veröffentlichte er die Studie „Der Untergang der deutschen Juden“, die die demographische Struktur der Juden in Deutschland untersuchte.
Nach einer kurzen Assistenzzeit in Jena meldete sich Theilhaber als Freiwilliger für den medizinischen Dienst des türkischen Roten Halbmond mit dem Ziel, als junger Arzt in das türkisch verwaltete Palästina zu gelangen und diente als Arzt 1911 in Libyen und im Balkankrieg 1913. Im Auftrag der türkischen Regierung besuchte er auch Palästina.

Nach dem Krieg setzte Theilhaber seine Arbeit in Berlin fort und publizierte zahlreiche Werke zu Demografie, Hygiene und Sexualreform, aber auch zu kulturellen und geschichtlichen Themen. Schockiert über die hygienischen Zustände in der Großstadt Berlin, gründete er die Gesellschaft für Sexualreform (Gesex) und gehörte zu den Pionieren der Sexualreformbewegung in Deutschland.

Im Ersten Weltkrieges diente Theilhaber als Feldarzt an der West- und Ostfront und setzte dabei auch seine schriftstellerische Arbeit fort. 1916 veröffentlichte er das Buch Die Juden im Weltkriege, in dem er die Not der Juden im Osten beschrieb. Als er an die Westfront verlegt worden war, veröffentlichte er 1916 seine Schlichten Kriegserlebnisse.

Schon 1915 wurde Theilhaber mit dem „Eisernen Kreuz Zweiter Klasse“ ausgezeichnet, 1918 wurde ihm das „Eiserne Kreuz Erster Klasse“ verliehen. Trotz aller Verdienste der deutschen Juden im Ersten Weltkrieg musste Theilhaber nach Kriegsende zunehmend erleben, wie Juden verleumdet und beschuldigt wurden. Als ihm eine Liste von Namen jüdischer Piloten, die für Deutschland gekämpft hatten, in die Hände fiel, veröffentlichte er diese 1918 unter dem Titel Jüdische Flieger im Weltkrieg.
Noch während des Krieges heiratete Theilhaber Stefanja Czaplinska, das Paar bekam zwei Söhne, Joachim (Thola) und Max Michael (Adin Talbar-Theilhaber). Theilhaber ließ sich in Berlin als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten nieder.

Am 30. Mai 1933 wurde Theilhaber mit 50 weiteren prominenten Ärzten von der Gestapo verhaftet und zwei Monate lang in Plötzensee festgehalten. Seine Organisation, die Gesellschaft für Sexualreform, wie auch weitere Einrichtungen der Sexualwissenschaft und -reform wurden aufgelöst und zerstört.

Theilhaber emigrierte 1935 nach Palästina. Er fand zunächst keine Anstellung, da es im Land viel zu viele Ärzte gab und musste von seinen Ersparnissen leben. Schon bald reifte in ihm die Idee, eine Alternative zum System der Kupat Cholim Einheitskrankenkasse zu schaffen. Er wollte nicht nur „ein neutrales Institut entstehen lassen, sondern auch eine Schutzorganisation vor Krankheiten, die den Bedürfnissen des Landes und seiner Bevölkerung in einer Weise angemessen sein sollte, wie sie bisher nicht bestanden hatte“, so fasste es Theilhaber im Rückblick zusammen. Er gründete daraufhin gemeinsam mit dem in Berlin geborenen Augenarzt Ernst Freudenthal die „Maccabi Krankenkasse“, in Anlehnung an die Makkabi-Bewegung. Ihre Ärzte praktizierten von Zuhause aus oder in ihrer privaten Praxis, so dass Maccabi mit minimalen finanziellen Grundvoraussetzungen operieren konnte. Im Gegensatz zur Kupat Cholim konnten die Patienten bei Maccabi den behandelnden Arzt frei wählen, eine Revolution für die vorstaatliche Jischuw-Gesellschaft in Palästina. Theilhaber fasst das Prinzip so zusammen: „Der Jude liebt eine individuelle Behandlung und ein System, das ihm ermöglicht, den Arzt selbst zu wählen, dem er sein Vertrauen entgegenbringt, und ihn im Bedarfsfall auch zu wechseln, wenn das Vertrauen erschüttert wurde. Die Kranken haben etwas gegen das Schlangestehen und wollen nicht zu Nummern degradiert werden.“ Maccabi entwickelte sich rasant zu einer attraktiven Alternative, heute hat die Krankenkasse 2,4 Millionen Mitglieder.

Felix Theilhaber arbeitete bis zu seinem Tod am 26. Januar 1956 als leitender Arzt bei Maccabi. Sein Sohn Adin Talbar-Theilhaber (1921–2013) war schon als Kind bei den Sportverbänden von Bar Kochba und Makkabi sportlich aktiv. Im Erwachsenenalter setzte er sich noch vor Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel Deutschland für eine Verständigung auf sportlicher Ebene ein. 1953 gründete er die israelische Academic Sport Association (A.S.A).

Quellen:

Adin Theilhaber-Talbar, Felix Theilhaber: Ein engagierter deutscher Jude.

Felix A. Theilhaber, 10 Jahren Krankenkasse Maccabi, Tel Aviv 1950 (hebr., deutsche Übersetzung, unveröffentlicht im Nachlass).

Renate Heuer, Felix Aron Theilhaber (1884–1956), Arzt und Statistiker des deutschen Judentums in: Manfred Treml (Hg.), Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Lebensläufe, München 1988.